Neben Brügge trägt auch Colmar die Bezeichnung Venedig des Nordens. Das rechtfertigt überzogene Preise in Mittelklasse-Restaurants. Beim Restaurant vom Jean-Yves Schillinger kann man nicht von Mittelklasse sprechen. Ein Reinfall wie in Brügge bleibt einem auch erspart. Die Bewertung ist trotzdem, meiner Meinung nach, nicht gerechtfertigt.
Das Essen ist gut, einen Aha-Effekt gibt es nicht. Die Zubereitung, Verarbeitung und Präsentation ist auf einem hohem Niveau. Es fehlt, abgesehen von einem kleinen Detail, der Überraschungsmoment.
Der Olivenbaum ist eine tolle Idee, die ins Auge sticht. Das Amuse-Gueule, bestehend aus drei verschiedenen Suppen ist ein interessanter und schöner Einstieg, der Vorteil an drei verschiedenen Suppen liegt auf der Hand: Man kann mit einer Vielzahl von Aromen spielen und diese kombinieren.
Es soll nicht der Eindruck entstehen, dass hier schlechte Küche geboten wird, die Bewertung ist einfach nicht gerechtfertigt.
Die Foie Gras war, wie zu erwarten, sehr gut. Es ist keine neue Erfindung Gänsestopfleber mit etwas Süßem zu verbinden, die Kombination mit Ananas war deshalb auch kein Highlight. Die Ananas erinnerte vom Geschmack und der Optik an Dosenananas von Del Monde, hat genauso geschmeckt.
Der Fischgang danach war eine totale Enttäuschung, da hat einfach alles gefehlt. Geschmack, Aroma, Kreativität – nichts war vorhanden. Eine flache Sauce zu einem lieblos gekochten Fisch mit irgendwas, das nach Eiern geschmeckt hat und kein Ei war. Etwas Deko drauf und fertig ist ein Gang. Ein Gang ja, ein Gang zum Vergessen halt.
Der Hauptgang. Gebratene Entenbrust mit Pak Choi, Auberginen-Püree an Feige und Pfirsich. Dazu gab es eine vollmundige Jus aus der Ente. Hat alles gut miteinander harmoniert, den eigentlichen Höhepunkt setzte der Szechuan-Pfeffer. Eigentlich handelt es sich dabei nicht um richtigen Pfeffer, sondern um die Beeren der Stachelesche. Man hat das Gefühl von Menthol auf der Zunge, so frisch schmeckt es. Mehr von dieser Kreativität hätte in den Gängen davor auch gerne auftauchen dürfen.
Die Panna Cotta mit der Infusion von Rooibuschtee war ein dezenter Übergang zum eigentlichen Dessert. Nicht zu süß und die Aromen vom Tee zusammen mit der Panna Cotta ergaben ein gutes Zusammenspiel.
Das Dessert, der süße Abschluss. Man kann das Ganze mit blumigen Worten umschreiben, in der Zusammenfassung kommt eins raus.
Erdbeeren und Himbeeren waren in verschiedenen Zuständen mit einer zuckerhaltigen Creme, die auf einen Biscuit-Teig angerichtet war, auf einem Teller dekorativ zur Schau gestellt. Es war in Ordnung. Wenn man bedenkt, was vor dem Restaurant für Auszeichnungen hängen, erwartet man mehr. Bei Jean-Luc Rabanel im L’atelier in Arles wird beim Dessert ein Feuerwerk über fünf Gänge abgefeuert, wo man aus dem Staunen nicht mehr rauskommt. Bei einem ähnlich hoch ausgezeichneten Koch bekommt man eine lustlose Aneinanderreihung von Früchten und Zucker. Wobei ich erwähnen möchte, dass die Panna Cotta wirklich gut war.
Wer in der Region ist und sehr gut Essen gehen möchte kann das hier sicher machen, muss man aber nicht. Bei Marc Haeberlein oder im Auberge Chez Guth kommt man besser auf seinen lukullischen Hochgenuss.
Für alle anderen: JY`S Restaurant
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